Alle Verfahren die RAZ führt, haben das Ziel, Demokratie und Menschenrechte in Zeiten der Klimakrise zu schützen und die Entwicklung hin zu einer sozial gerechten und nachhaltigen Gesellschaft zu unterstützen.
Bei einem Gerichtsprozess kann es trotzdem ganz unterschiedliche Ziele geben - alle davon sind legitim und umsetzbar. Je nachdem, was genau du dir als bestmöglichen Ausgang vorstellen kannst, solltest du auch deinen Gerichtsprozess planen. Hier nennen wir in einer kleinen Übersicht mögliche Ziele - es gibt aber immer Abstufungen und wenn dir etwas ganz anderes sinnvoll erscheint, probier es gerne aus!
Ein Ziel kann und sollte sein, dass du dich vor Gericht gut fühlst. Die gesamte Situation ist darauf ausgerichtet, die angeklagte Person einzuschüchtern und ihr zu erzählen, dass sie etwas falsch gemacht hat. Wenn du aber überzeugt bist (und auch die Gründe hierfür kennst), kann es sehr empowernd sein, dem Gericht gegenüber standzuhalten. Der gesamte Prozess findet einzig und allein für dich und wegen dir statt. Also kannst du dir z.B. auch die Zeit nehmen, um ausführlich deine Beweggründe darzulegen und aktiv auf den Verlauf einzuwirken. Denn ohne dich würde das Ganze gar nicht erst stattfinden.
Ziel der RAZ insgesamt ist, dass kein Mensch eingeschüchtert aus dem eigenem Verfahren herausgehen sollte. Wir sind davon überzeugt, dass ziviler Widerstand das effektivste und aktuell geeignetste Mittel ist, gesellschaftlichen Wandel in der Klimakrise anzustoßen. Deshalb machen wir es uns zur Aufgabe, Protesträume zu verteidigen und nach Möglichkeit zu erweitern, sowie teilnehmende (Klima-)Aktivist*innen zu schützen und die Gegenwehr des Staates zu nutzen, um Ungerechtigkeiten aufzuzeigen und Druck auf Entscheider*innen auszuüben. Und das können wir auch selbstbewusst vor Gericht erzählen und umsetzen.
Ein Weiteres Ziel kann sein, eine Hauptverhandlung von Tausenden zu sein und die Gerichte dementsprechend an die Grenze ihres typischen Umgangs mit eventuellen Straftäter:innen zu bringen. Durch eine solche Überlastung kann das System z.B. vor die Frage gestellt werden, wie relevant eine strafrechtliche Verfolgung von Klimaaktivist:innen wirklich ist und ob es sich nicht eigentlich auf tatsächlich relevante Straftaten fokussieren sollte.
Momentan wälzt die Politik ihre Verantwortung auf die Justiz ab. Anstatt sich mit den Forderungen der Widerstandsbewegung auseinanderzusetzen, weicht die Politik dem Druck der Proteste aus, indem sie ihn auf die Justiz abwälzt, welche in Folge völlig überlastet ist. Diese Überlastung führt zunehmend zu der Erkenntnis innerhalb der Justiz, dass sie nicht in der Lage sind, die Ursache des Protestes zu bekämpfen, sondern nur den Protest selbst. Wenn dieser allerdings anhand der aktuellen physikalischen Erkenntnisse und unzureichenden politischen Maßnahmen vernünftig und “gerechtfertigt” erscheint, richtet sich der Frust der Justiz verstärkt gegen politische Entscheider*innen, die das eigentliche Problem nicht angemessen adressieren, was wiederum Druck aufbaut und Potential für Veränderung schafft.
Der Gerichtsprozess kann eine Plattform mit größerer Reichweite, sowie in einem ganz anderem Setting, für die Thematik deines Protestes geben. Stichpunkte sind hier außerdem die Mobilisierung der anwesenden Menschen, Berichterstattung über lokale Medien oder auch die Aufmerksamkeit über verbundene Proteste.
Hier möchten wir betonen, dass es sinnvoll ist, den Gerichtsprozess als eine Weiterführung deines Protestes zu sehen!
Wir können die Gerichte während der Prozesse über die Klimakrise und den Hintergrund unserer Proteste aufklären. Dies kann über Beweisanträge zur Thematik, aber auch über die persönliche Motivation, berührende und nachvollziehbare Worte geschehen.
Wir sind momentan manchmal 5-10 Mal am Tag in den unterschiedlichen Gerichten, um über die Ziele unserer Proteste, sowie die Motivations- und Beweggründe zu sprechen. Dies sind jedes Mal Berührungspunkte mit Richter:innen, Staatsanwält:innen, Anwält:innen, und Protokollant:innen. Hier können Gesprächsmöglichkeiten entstehen, die sich für Vernetzung und den Austausch von Kontakten, bzw. ein wachsendes Verständnis für die Dringlichkeit unser aller Handelns im Angesicht der Klimakrise, eignen.
Ein Ziel kann außerdem sein, dass du eine Überreaktion der Gerichte erzeugen möchtest oder im Kontrast einen Freispruch - also eine eindeutige Positionierung des Gerichtes deinem Protest gegenüber. Hierdurch bringen wir die einzelnen Personen des Systems, sowie die Rechtssprechung insgesamt, in eine Position, in der sie sich nicht mit kleinen Geldstrafen vor der großen Frage verstecken kann: Ist in den Zeiten der Klimakrise friedlicher, gewaltfreier Protest, der vom Grundgesetz (Art. 8 GG) geschützt ist, gerechtfertigt?
Durch eine offensive Prozessführung kann das Gericht dazu bewegt werden, sich entweder grundsätzlich gegen eine Verwerflichkeit von Straßenblockaden (oder anderen Protesten) zu entscheiden oder alternativ zu hohen Strafen (Freiheitsentzug) zu greifen, um den Protesten einen Riegel vorzuschieben.
Wenn im Zuge Gerichtsverfahren Mahnwachen organisiert und beworben werden, gibt es die Möglichkeit mit Menschen aus anderen Gruppen ins Gespräch zu kommen und sich zu vernetzen. Diese Mahnwachen können so nicht nur Solidarität und Empowernment ausdrücken, sondern auch zu besserer Vernetzung innerhalb der Stadt führen. Diese Kontakte können dir in Zukunft helfen, noch wirksameren Aktivismus zu machen.
Ein mögliches Ziel eines Gerichtsprozesses kann es sein, dass die Strafe aus dem Strafbefehl oder der Anklageschrift reduziert werden soll. Es gibt unterschiedlichste Möglichkeiten hierzu während des Prozesses und auch schon im Vorhinein. Wenn z.B. dein Tagessatz zu hoch angesetzt ist, kannst du dein Einkommen genauer offenlegen. Außerdem sind Umwandlungen in Sozialstunden, sowie das Hinwirken auf Einstellungen möglich. Hier sollte sich aber gut im Vorhinein überlegt werden, wie du auf bestimmte Nachfragen des Gerichtes reagieren möchtest.