Es ist wichtig zu wissen welche Recht und Pflichten mit der Versammlungsleitung einhergehen, um entscheiden zu können, ob es eine Versammlungsleitung für die eigene Versammlung geben soll. Oftmals wollen Protestbewegungen keine Versammlungsleitung benennen. Deshalb ist es wichtig, dass insbesondere Personen, die besondere Rollen - etwa den Polizeikontakt - übernehmen darauf achten, von der Polizei nicht als Versammlungsleitung wahrgenommen zu werden.
Die Polizei wird versuchen, jemanden als Versammlungsleiter*in oder Veranstalter*in der Versammlung zu identifizieren (dies wird meist die erste Frage sein, die du von der Polizei hörst). Als Versammlungsleiter*in bist du mit einer ganzen Reihe möglicher Straftatbestände konfrontiert. Wir raten dir darum ausdrücklich, die Rolle der Versammlungsleitung nicht anzunehmen und auch zuviele Tätigkeiten zu vermeiden, die als Indizien für eine Versammlungsleitung ausgelegt werden können:
● Dies kann z. B. eine zu hohe Unabhängigkeit bei der Verhandlungsführung mit der Polizei sein oder der Anschein, dass du per Mic Check oder Megaphon den Teilnehmer*innen Anweisungen gibst oder sie deine Aussagen wiederholen lässt.
● Das Halten von Bannern
● Beteilige während der Versammlung / bei der abschließenden Kundgebung mit Redebeiträgen (insbesondere als Moderator*in / mit dem eröffnenden Redebeitrag)
● Auflösung der Versammlung (am Ende der Kundgebung)
Was du hingegen tun solltest, um selbst als Polizeikontakt nicht die Versammlungsleitung zugeschrieben zu bekommen:
● Sprich ausschließlich mit der Einsatzleitung der Polizei:
Sollte deine Ansprechperson bei der Polizei eine Weste tragen mit der Aufschrift “Ansprechperson Versammlungsleitung”, bestehe auf eine andere Ansprechperson oder erwirke von dieser Person die Zusage, dass du nicht als Versammlungsleitung eingestuft wirst.
● Sei deutlich sichtbar als Polizeikontakt gekennzeichnet (zB durch Aufschrift auf Weste): Für die Bezeichnung "Polizeikontakt" sollte keine Schrift verwendet werden, die der offiziellen Polizei-Schrift ähnelt, damit dich niemand für eine*n Polizist*in hält.
● Stelle dich mit Namen (Vornamen / voller Namen) vor.
● Stelle ausdrücklich klar, dass du nicht die Funktion der Versammlungsleitung innehast, sondern dass die Veranstaltung keine*n Versammlungsleiter*in hat und du lediglich anbietest, als Teil des Kommunikationskanals zwischen den Teilnehmer*innen und der Polizei zu dienen. (Falls es keine Kenntnis bei der Polizei über deine Rolle gibt: kurze Vorstellung der Rolle des Polizeikontakts. Mache klar, dass du diese Funktion nicht wahrnehmen kannst, wenn deine Rolle seitens der Polizei als Versammlungsleitung interpretiert wird.
● Erkläre, wie die Versammlung nach Deiner Kenntnis ablaufen soll und erwähne kurz was die Hintergründe Eures Protests sind
“Nach meiner Kenntnis wird die Versammlung…”
● Stelle klar, dass du in keiner Weise den Verlauf der Versammlung bestimmst.
Das Leiten einer nicht-angemeldeten Versammlung kann in den meisten Bundesländern zu einer Strafanzeige nach VersG § 26 Abs. 1 S. 2 des Versammlungsgesetzes führen. Wir raten davon ab, sich auf Anfrage der Polizei im Nachhinein als Versammlungsleiter*in für eine bereits laufende Aktion zur Verfügung zu stellen. Versammlungsleiter*innen müssen ihre Personalien angeben. Es gibt keine Garantie dafür, dass die Polizei nicht im Nachhinein ein Ermittlungsverfahren gegen dich eingeleitet wird, weil deine Bereitschaft dich als nachträgliche Versammlungsleitung zu stellen, als Indiz herangezogen wird, dass du von Anfang an die Versammlungsleiter*in warst.