Tatsächlich dürfen angeklagte Personen auch Menschen als Rechtshilfe mit in den Prozess nehmen, die keine ausgebildeten Anwältis sind. Diese Menschen sollten/müssen sich mit Recht, hauptsächlich mit Strafrecht, auskennen.
Allerdings kennen viele Gerichte diese Möglichkeit nicht oder sind kein großer Fan trotz besseren Wissens. Deswegen werden Laienverteidigis immer wieder abgelehnt oder während des Verfahrens ausgeschlossen. Dies passiert oft willkürlich.
Idee hinter der Laienverteidigung ist, dass ein Prozess kollektiv geführt werden kann. Dadurch sitzt die angeklagte Person nicht allein vor Gericht und es macht vielleicht sogar Spaß sich gemeinsam mit dem Gericht über die Legitimität und Legalität von Protesten zu streiten. Außerdem entstehen keine zusätzlichen anwaltlichen Kosten und die Verteidigung hat trotzdem Rechte, wie auf Akteneinsicht, das Schöffenregistereinsichtsrecht, auf das Einreichen von Revisionsbegründung und Rechtsbeschwerdebegründungen etc.
Es kann sehr empowernd sein, sich gemeinsam mit einer Laienverteidigung an die Anklagebank zu setzen. Auf diese Art & Weise können auch Dinge ausprobiert werden, die vielleicht nach Strafprozessordnung nicht direkt vorgesehen sind, die mensch aber als Lai:in durchaus mal machen kann und zur Not darauf hingewiesen wird. Dadurch kann zum Beispiel auch ein viel persönlicheres Gespräch zwischen Gericht & Verteidigung entstehen, da das Setting als etwas weniger professionell wahrgenommen wird von allen Beteiligten.
Natürlich wirst du nicht alleine gelassen mit den Vorbereitungen deines Gerichtsprozesses. RAZ betreut alle Gerichtsverfahren eng und hilft dir auch bei allen inhaltlichen, sowie auch organisatorischen und logistischen Vorbereitungen. Dafür ist es wichtig, dass du deinen Termin der RAZ mitteilst (am besten per Mail an [email protected]). Dann melden wir uns rechtzeitig, um gemeinsam in die Absprache zur Selbst- und/oder Laienverteidigung, bzw. die Notwendigkeit von Anwält:innen zu gehen.
Nachzulesen ist die Möglichkeit der Selbstverteidigung in der Strafprozessordnung, Absatz 2 von §138.
StPO § 138
(1) Zu Verteidigern können Rechtsanwälte sowie die Rechtslehrer an deutschen Hochschulen im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt gewählt werden.
(2) Andere Personen können nur mit Genehmigung des Gerichts gewählt werden. Gehört die gewählte Person im Fall der notwendigen Verteidigung nicht zu den Personen, die zu Verteidigern bestellt werden dürfen, kann sie zudem nur in Gemeinschaft mit einer solchen als Wahlverteidiger zugelassen werden.
(3) Können sich Zeugen, Privatkläger, Nebenkläger, Nebenklagebefugte und Verletzte eines Rechtsanwalts als Beistand bedienen oder sich durch einen solchen vertreten lassen, können sie nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 Satz 1 auch die übrigen dort genannten Personen wählen.
Im Prinzip haben Anwält:innen nicht mehr Rechte als die Laienverteidigung - außer dass diese während des Verfahrens wieder rausfliegen kann. Bei Anwält:innen ist dies viel aufwändiger und es muss gewährleistet sein, dass die angeklagte Person Ersatz bekommt.
Ein weiterer Unterschied fällt bei dem Prozess der Akteneinsicht auf. Während es Anwält:innen möglich ist, für einen bestimmten Betrag Akten in egal welchem Umfang zu kopieren, kann es sein, dass du als angeklagte Person oder als Laienverteidiger:in nur bezahlt kopieren darfst, bzw. abfotografieren.
Tipp: Es vereinfacht oft vieles, wenn mensch sich durch Anwält:innen vertreten lässt, um die eigene Akte einsehen können. Dadurch wird oft eine digitale Kopie ziemlich kostengünstig möglich. Danach kann mensch sich ja immer noch selbstverteidigen.
Selbstverständlich ist es auch möglich, dass du sowohl auf Unterstützung von Anwält:innen als auch Laienverteidiger:innen zurückgreifst. Wichtig ist hier einfach, dass die gewollte Strategie, bzw. Ziel und Vision des Prozesses, nicht durch einen Teil der Verteidigung zerschossen wird.
Eine Laienverteidigung kann entweder schriftlich vor Gericht beantragt und dann durch Richter:in genehmigt (oder auch abgelehnt…) werden oder Richter:in lässt den Antrag stillschweigend einfach zu. Laienverteidigung kann zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens beantragt werden - also im Vorhinein der Hauptverhandlung, ganz zu Beginn oder während des Prozesses, oder auch im Nachhinein, um z.B. Rechtsmittel einzulegen.
Eine Laienverteidigung muss tatsächlich keine schriftlichen Nachweise über juristische Fähigkeiten erbringen. Allerdings muss die Person meistens erklären können, wieso sie sich als Verteidigung eignet und nötige juristische Fähigkeiten besitzt.
Ein Vorlage zum Antrag auf Laienverteidigung findest du hier.
(nach §138 (2) StPO)
‘Falsche’ Ablehnungsgründe & Paragrafen, die das Gericht manchmal vorbringt:
Nach §149 StPO dürfen Ehepartner und Lebenspartner als Beistände zugelassen werden = persönlicher Beistand.
Zulässige Gründe, die das Gericht vorbringen kann, um den Antrag auf Laienverteidigung abzulehnen:
Wurde eine Laienverteidigung vor dem Landgericht einmal zugelassen ist sie im Regelfall für das komplette Verfahren zugelassen, also auch vor höheren Gerichten bei einer Berufung oder Revision. Im Idealfall wird die Laienverteidigung hier gleich mitgeladen. Passiert dies nicht, fragt beim Gericht gerne per Anruf nach. Sollte es zu Schwierigkeiten kommen, meldet euch gerne unter [email protected]
Wenn es in einem Prozess zu einem Freispruch oder einer Einstellung kommt, dann sollten auch die ausgelegten Kosten der Verteidigung übernommen werden. Hierzu zählen Fahrtkosten, und insgesamt Verteidigungskosten.
Grundlage für die Höhe der Kosten ist die Anlage I des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG): https://dejure.org/gesetze/RVG/Anlage_1.html