Üblicherweise erheben wir in Hessen Klage gegen die Gebührenbescheide, fordern zugleich Akteneinsicht an und können versuchen Prozesskostenhilfe zu beantragen.
Dies sind Argumentationsansätze, die ihr auf euren eigenen Sachverhalt anpassen könnt.
Diesen Teil könnt ihr für alle Gebührenbescheide übernehmen, streicht nur ggf den Part zur Nichtauflösung der Versammlung.
Die Teilnahme an einer Demonstration stellt die Ausübung eines Grundrechts dar, für das keine Kostenerhebung für polizeiliche Amtshandlungen vorgenommen werden kann.
Vorliegend hat die Klägerin an einer Versammlung teilgenommen, die unter den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 GG fällt. Dafür kommt es nicht auf deren Anmeldung an.
Die Versammlung wurde von der Polizei nicht nach dem Versammlungsrecht aufgelöst. Darauf kann schon deshalb geschlossen werden, da die Versammlungsbehörde das Ordnungsamt ist. Vielmehr hat die Polizei nur zum Zweck der Verkehrsregelung in die Versammlung eingegriffen, ohne sie formal auflösen zu können.
„Allerdings wird die Wechselwirkung zwischen Grundrecht und einschränkendem Gesetz es oft erforderlich machen, Vorschriften der Straßenverkehrsordnung für Demonstrationen im öffentlichen Straßenraum zu suspendieren“
Auch wenn die Versammlung formal korrekt von der Polizei aufgelöst worden sein sollte, entwickelt Art. 8 GG für diesen Fall eine Fernwirkung.
Die Kostenerhebung für polizeiliche Amtshandlungen im Zusammenhang mit Demonstrationen stellt einen Eingriff in Artikel 8 Grundgesetz dar. Wenn Bürger*innen nach der Teilnahme an einer Versammlung regelmäßig damit rechnen müssen, dass sie an den Kosten des Polizeieinsatzes beteiligt werden, hält sie das effektiv von der Ausübung des Grundrechts ab. Ausschlaggebend für die spätere Kostenerhebung können keine formalen Kriterien wie die Anmeldung der Versammlung sein, da auch nicht angemeldete Versammlungen unter den Schutz von Art. 8 GG fallen. Auch eine polizeiliche Auflösungsverfügung versagt den Teilnehmer*innen nicht den grundrechtlichen Schutz.
Die Kostenerhebung im angegriffenen Bescheid vom 25.07.2022 bezieht sich auf den Nachlauf einer friedlichen Versammlung, sodass nach einer Würdigung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG eine Kostenerhebung ausscheidet.
Gegen die Klägerin läuft wegen des gleichen Sachverhalts ein Strafprozess wegen Nötigung, ausgehend von der Strafanzeige wegen Nötigung, polizeiliches Aktenzeichen XXX. Sobald das Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft bekannt ist, wird es mitgeteilt.
Der Ausgang des verwaltungsrechtlichen Rechtsstreits ist ganz vom Bestehen oder Nichtbestehen einer von Art. 8 GG geschützten Versammlung abhängig. Dazu muss das Strafgericht in seinem Urteil sowohl Feststellungen als auch rechtliche Würdigungen vornehmen.
Der Tatbestand von § 240 Abs. 1 StGB setzt die Rechtswidrigkeit der Handlung voraus, worüber das Strafgericht urteilen wird. Nach der hier vertretenen Auffassung ist die Rechtswidrigkeit der Handlung aufgrund der Grundrechtsintesität der Kosteninanspruchnahme auch im Verwaltungsverfahren die zentrale Rechtsfrage. Insbesondere muss das Urteil des Strafgerichts Feststellungen zum Vorliegen einer Versammlung nach Art. 8 GG treffen, von denen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung abhängt.
Schaut euch in eurem Gebührenbescheid die Kostenpositionen der polizeilichen Maßnahme an - diese sollten dort gelistet sein.
Sucht euch für eure Begründung die Stellen heraus, die zu euren Kostenpositionen passen.
Die Auferlegung der Kostenpositionen "Bereitschaft/Anwesenheit Arzt beim Lösen d. Person" gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 HVwKostG ist rechtswidrig.
Es wird die unrichtige Berechnung der Kostenposition “Bereitschaft/Anwesenheit Arzt beim Lösen d. Person” in Höhe von XXX Euro und die daraus resultierende Aufhebung des Bescheids diesbezüglich in Höhe von XXX Euro geltend gemacht.
Versucht zunächst herauszufinden, mit welchem Stundensatz die ärztlichen Leistungen berechnet wurden:
Aus der Rechnung über die Arztkosten des Einsatzes (aus Akte entnehmen) wird ersichtlich, dass die ärztliche Leistung für die Maßnahme mit einem Stundenlohn von XXX Euro/Stunde berechnet wurde.
Jetzt lohnt es sich zu prüfen, ob die für die Berechnung der Kosten herangezogenen Zeitangaben stimmig sind.
Falls nicht, legt den wirklichen zeitlichen Ablauf dar.
Aus soeben aufgelisteten zeitlichen Angaben lässt sich deutlich schließen, dass die gesamte Maßnahme des „Lösens der Personen“ mit insgesamt XXX Minuten XXX Minuten kürzer andauerte, wie von der Beklagten angegeben. Die konkret bei der Klägerin durchgeführte Maßnahme beanspruchte von der gesamten Maßnahme hingegen nur XXX Minuten.
Bei einer anteiligen Berechnung der Kosten der Klägerin für einen Einsatz von XXX Minuten bei XXX Euro pro angefangener Stunde ergibt sich ein Kostenbetrag von XXX Euro. Über diesen Betrag hinaus kann die Beklagte folglich keine Kostenerstattung verlangen.
Wenn euch ein Transport zur Dienststelle berechnet wird und dort eine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt wurde:
Der in Rechnung gestellte Transport diente vor allem zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b StPO, die zum Zweck des Strafverfahrens angeordnet worden ist. Die StPO kennt anders als das Polizeirecht keine Kostentatbestände bzw. werden die Kosten des Strafverfahrens über die Prozesskosten pauschal abgegolten. Für den Fall, dass das Strafgericht die Klägerin freispricht, entfällt der Kostenanspruch nach Polizeirecht spiegelbildlich.
Der Schwerpunkt der Maßnahme lag auf der Strafverfolgung und nicht auf der Gefahrenabwehr, vor allem da die Gefahr für den Straßenverkehr durch die Auflösung der Blockade bereits abgewehrt war.
Auch wenn die Verbringung durch die Polizei rechtlich als Maßnahme mit Doppelcharakter aufgefasst wird, muss eine Lösung gefunden werden, damit der Staat nicht von der Klägerin überkompensiert wird. Wenn der Kostenbescheid in diesem Punkt Bestand hätte und die Klägerin vom Strafgericht verurteilt würde, hätte sie für diese Maßnahme doppelt bezahlt. Entweder ist das Verfahren auszusetzen (Siehe Antrag zu 4.) oder der Kostenbescheid ist hinsichtlich dieses Postens aufzuheben. Die zweite Lösung scheint dem Unterzeichner von vornherein praktikabler, da das Strafgericht sowieso das letzte Wort hat.
Wenn ihr in Gewahrsam genommen wurdet und euch Kosten für die Unterbringung auferlegt werden:
Bei der Kosteninanspruchnahme kommt es nicht darauf an, ob der Gewahrsam ex ante angeordnet werden durfte oder ob die Klägerin ins Beschwerdeverfahren gegangen ist. Die Rechtmäßigkeit muss vom Verwaltungsgericht inzident geprüft werden. Das Verwaltungsgericht wird zum Ergebnis kommen, dass der Polizeigewahrsam, angeordnet gegen die Klägerin, ex post als rechtswidrig zu bewerten ist, sodass die Klägerin nicht an den Kosten zu beteiligen ist. Dies muss sich folglich ebenso auf die während des rechtswidrigen Gewahrsams entstanden Verpflegungskosten beziehen. Der angegriffene Bescheid ist insoweit aufzuheben.
An keiner Stelle ist dem Bescheid zu entnehmen, wie sich der Betrag für das Verbrauchsmaterial zusammensetzt. Aus der Akte lässt sich dazu auch nicht entnehmen, wie der Betrag berechnet wurde. Insbesondere stellt der Betrag von XXX EUR kein Vielfaches des in der Akte vorkommenden Betrages einer Materialrechnung über XXX EUR dar.
Der Bescheid ist insoweit aufzuheben.
Argumentationsansatz, um die Kostenberechnung einer Gewahrsamsfähigkeitsuntersuchung in Frage zu stellen:
Die Klägerin kann nicht an den Kosten für die Gewahrsamsfähigkeitsuntersuchung in Höhe von XXX EUR beteiligt werden. Ausweislich der Rechnung dauerte ihre Untersuchung XXX Minuten. Die Teilnehmer der Demonstration wurden en bloc untersucht, sodass keine Pauschalen abgerechnet werden können. Selbst wenn die XXX Personen, die sich ausweislich des Gesamtberichts am Morgen festgeklebt hatten, einer Gewahrsamsfähigkeitsuntersuchung zu je XXX Minuten unterzogen wurden, hätte dies insgesamt nur XXX Minuten gedauert. Hätte der Kostenträger kein Verschulden gegen sich selbst zugelassen, hätte der Bereitschaftsarzt nur eine Pauschale für XXX Minuten abrechnen können. Damit könnte die Beklagte höchstens ihrem Anteil entsprechend zu XXX EUR in Anspruch genommen werden können.
In dieser Vorlage sind die oben ausgeführten Argumentationsansätze bereits eingearbeitet. Ihr müsst die Vorlage aber noch auf euer Gebührenverfahren anpassen. Also etwa Datumsangaben austauschen und Absätze zu Kosten streichen, die bei euch gar nicht erhoben worden sind.