Zu einer Gewahrsamnahme kommt es nach vieler aktivistischer Aktionen, um zu eure Identität festzustellen oder euch von weiteren Aktionen abzuhalten.
Es kann auch sein, dass die Polizei euch einen Platzverweis für ein bestimmtes Gebiet für eine bestimmte Zeit erteilt. Um rechtskräftig zu sein, muss der Platzverweis hinreichend genau sein - also zeitlich und örtlich begrenzt. Dieser muss euch nicht schriftlich ausgehändigt werden.
Generell gilt: Einen Platzverweis zu missachten ist keine Straftat oder Ordnungswidrigkeit (nur in einzelnen Bundesländern gibt es entsprechende OWi-Tatbestände), die Polizei kann euch aber in Gewahrsam nehmen, um den Platzverweis durchzusetzen.
Voraussetzung hierfür ist außerdem die Unerlässlichkeit als Ausdruck des Verhältnismäßigkeitgrundsatzes. Wenn also die Einhaltung des Platzverweises durch eine mildere Maßnahme durchsetzbar wäre, müsste zuerst diese Maßnahme ergriffen werden. Außerdem ist eine solche Durchsetzung des Platzverweises erst rechtlich gerechtfertigt, wenn dadurch eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit verhindert wird.
Oft wird Polizeigewahrsam allerdings auch als MIttel der Abschreckung/Einschüchterung genutzt und unverhältnismäßg lang und mit sehr schlechten Gewahrsambedingungen angewendet.
Die Gesa ist im Prinzip jeder Ort, an dem du gegen deinen Willen von der Polizei festgehalten wirst, um den Zweck der Gewahrsamnahme zu erfüllen. Dies kann zum Beispiel eine Gesazelle auf einer Polizeistelle sein, ein Fusßballstadion, aber auch das bloße Festhalten an einem bestimmten Ort, wie ein Polizeikessel unter freiem Himmel.
Hier findet ihr gesammelte Tipps & Tricks für den Gesa-Aufenthalt.
Generell, musst du gar nicht mit der Polizei kommunizieren. Über die (dir oder anderen) vorgeworfenen Straftaten solltest du nie eine Aussage machen (siehe unten “Was du nicht musst”). Es gibt jedoch einige Aussagen, die Einfluss auf die Länge des Gewahrsam haben können und deswegen sinnvoll sein können:
Alle diese Aussagen sind vor allem bei längeren Aktionsphasen sinnvoll, wo die Polizei davon ausgeht, dass du dich wieder an Aktionen beteiligen könntest.
Wenn du Dokumente hast, die beweisen können, dass du heute an keinen weiteren Aktionen mehr teilnehmen wirst (Zum Beispiel ein Zugticket), dann nimm das gerne mit. Natürlich nur wenn du deine Identität angeben willst.
Für beides gibt es keine Garantie, dass es funktioniert, erhöht aber die Wahrscheinlichkeit. Wie lang ihr in der GeSa bleibt ist immer sehr unterschiedlich. Ihr seid auch nicht dazu verpflichtet der Polizei die Wahrheit zu sagen. Bedenkt aber, dass auch an anderen Personen eurer Bewegung unter Umständen weniger geglaubt wird, wenn ihr nicht die Wahrheit sagt.
Häufig verbringt ihr nach Auflösung einer Aktion viel Zeit im Polizeikessel (die Polizei umstellt euch, damit ihr nicht weggehen könnt).
Hier werdet ihr häufig (nicht immer) von der Polizei gefragt was ihr heute und morgen noch so vor habt. Damit meinen sie, ob ihr nochmal protestieren wollt. Um euch an weiteren Aktion zu hindern nehmen sie euch öfters mit in die Gesa (Gefangenensammelstelle; Polizeigewahrsam). Je nach Aussage, die ihr bei der Frage macht, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ihr in die Gesa kommt. Je nach Bundesland variiert die maximale Länge der Ingewahrsamnahme. In Berlin geht das maximal bis um 24Uhr des Folgetages. Je nach präferiertem Ergebnis könnt ihr unterschiedliche Antworten geben:
Leider gibt es keine Garantie dafür ob es klappt. Manchmal nehmen sie einfach alle Personen mit, manchmal niemanden und manchmal unterscheiden sie nach Aussage. Die Aussagen erhöhen nur die Wahrscheinlichkeit für das gewünschte Ergebnis. Wenn du noch eine Aktion machen willst kann es sinnvoll sein „keine Aussage“ zu machen, aber es gibt da auch keine Garantie freigelassen zu werden. Es kann auch von Vorteil sein die Aussagen von sich aus bei der Polizei zu machen, wenn sie nicht fragen. Wir empfehlen, euch an eure Aussagen zu halten, damit die Aussagen anderer Aktivist*innen auch als wahrheitsgemäß angesehen werden. Ihr seid grundsätzlich nicht verpflichtet die Wahrheit zu sagen, wenn ihr aber zum Beispiel angebt, nicht nochmal in Aktion gehen zu wollen und dann noch einmal festgenommen werdet, schadet das natürlich eurer Glaubwürdigkeit und auch in Gerichtsprozessen kann Unehrlichkeit euch potenziell negativ ausgelegt werden.
Für die spezifische Länge einer Gewahrsamnahme kommt es ein bisschen auf das Bundesland an, in dem du in Aktion gehst. Im Allgemeinen lässt sich die Grundsatzlänge als bis zu 24 Uhr des Folgetages festhalten - dies geht ohne einen richterlichen Beschluss. Allerdings muss dieser nach §128 I StPO möglichst schnell eingeholt werden.
Ein Gewahrsam kann richterlich auch verlängert werden. Da kommen in den einzelnen Bundesländern wieder sehr unterschiedliche Gesetze zum Einsatz. Für eine Übersicht darüber schau mal hier: https://wiki.raz-ev.org/de/Rechtshilfe/Repression/Gesa/Bundesl%C3%A4nder
Du hast bestimmte Rechte im Polizeigewahrsam, die dir Sicherheit geben können und die du auf jeden Fall einfordern solltest!
Ein erfolgreicher Anruf (=EA)!
Körperliche Unversehrtheit
Du musst im Beisein der Polizei keine Aussagen machen. Mit Aussagen können immer andere Aktivisti belastet werden oder die Strukturen eurer Bewegung offengelegt werden. Also achte darauf wirklich nur Smalltalk zu machen und auf keinen Fall etwas zu internen Absprachen, deiner genauen Rolle etc. zu sagen. Selbst wenn du z.B. nur Support warst und das sagst, belastet das die anderen und gibt der Polizei die Möglichkeit im Ermittlungsverfahren besser zu begründen, warum du trotzdem bestraft werden solltest, während du sonst vor Gericht einfach sagen könntest: “aber ich saß doch gar nicht auf der Straße”, falls die Polizei aufgrund mangelnder Infos dir das vorwirft.
Manchmal ist es aus strategischen Gründen sinnvoll offenzulegen, dass du sobald du entlassen wirst, wieder in Aktion gehen wirst. Dadurch lässt sich in der Regel ein längerer Gewahrsam erreichen und das kann durchaus gewollt sein.
Auch unterschreiben musst du nichts. Und wir würden auch raten, nichts zu unterschreiben. Einfach aus dem Grund, dass es in einer so aufregenden Situation manchmal schwierig sein kann alles ordentlich durchzulesen oder zu verstehen.
Zudem musst du nicht kooperieren. Wenn die Polizei zum Beispiel will, dass du mit zur ED-Behandlung kommst, kannst dich weigern. Dies führt in der Regel dazu, dass Maßnahmen unter Zwang (zum Beispiel Tragen oder Schmerzgriffe) durchgesetzt werden. Achte aber darauf gewaltfrei zu bleiben, damit dir keine Widerstand/tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte vorgeworfen werden kann.
Wenn du in irgendwelchen Maßnahmen der Polizei bist, solltest du möglichst immer Widerspruch einlegen (zum Beispiel, indem du einfach sagst:
"Ich möchte dieser Maßnahme widersprechen",
"Ich widerspreche dieser ED-Behandlung / der Fingerabdrucknahme…").
Meistens wird diesem Widerspruch zwar nicht stattgegeben, aber du schaffst Arbeit, verzögerst den Prozess, und erwirkst am Ende sogar eine bessere rechtliche Position.
Du bist wieder draußen und wirst hoffentlich vom Gesa-Support deiner Bewegung in die Arme geschlossen. Jetzt solltest du dich noch einmal beim EA (sofernes einen gibt) melden und angeben, dass du nicht mehr in der Gesa bist und wie es dir geht. Außerdem ist jetzt das Schreiben eines Gedächtnisprotokoll nicht zu vergessen. Mehr dazu hier.
Die maximale Zeit, wie lang ihr in Gewahrsam sein könnt, variiert von Bundesland zu Bundesland. Um diese Zeit zu verlängern kann die Polizei bei einem Gericht verlängerten Gewahrsam beantragen. Im Regelfall geschieht dies, weil die Polizei davon ausgeht, dass du weitere relevante Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begehen wirst. Wie lang der Gewahrsam verlängert werden kann variiert von Bundesland zu Bundesland. Für eine Übersicht schau mal hier. Vor dem/der Richter/in, kanns du den selben Leitfaden zur Kommunikation benutzen, wie mit der Polizei (s. oben).
In Manchen Bundesländern brauchst du für jede Vorführung vor eine/n Gewahrsamrichter/in eine anwaltliche Vertretung. Entweder wird dir eine Pflichtverteidigung beigeordnet oder du hast eine eigene Verteidigung, die schnell genug vor Ort sein kann. Im Regelfall, darfst du vor der Vorführung einen Anruf tätigen, um (zum Beispiel über den EA) eine Anwaltsperson zu kontaktieren. Sollte dir dieser Anruf verweigert werden, kannst du zum Beispiel jegliche Kooperation verweigern und immer wieder darauf bestehen. Falls dir eine Verteidigung beigeordnet wird, stelle aufjedenfall im vorherigen Gespräch sicher, das die Person weiß, was dein Ziel in der Vorführung ist.
Wenn vom Gericht längerer Gewahrsam angeordnet wird, kann es sein, dass du für diese Zeit in eine Justizvollzugsanstalt überführt wirst. Dort erwarten dich oft wesentlich angenehmere Haftbedingungen.
Im Unterschied zu Gewahrsamsrichter/innen entscheiden Haftrichter/innen nicht über verlängerten Gewahrsam, sondern über Untersuchungshaft (U-Haft).
U-Haft kommt bei Aktivist/innen extrem selten vor, ist aber theoretisch möglich. U-Haft wird verhängt, wenn eine Person dringend einer schweren Straftat dringend tatverdächtigt, ein Haftgrund vorliegt und die U-Haft als verhältnismäßig gesehen wird. Über die Verhängung von U-Haft. entscheidet immer ein Gericht. Haftgründe sind:
U-Haft kann direkt nach deiner In-Gewahrsamsnahme bei einer Aktion beantragt werden oder auch später. In jedem Fall hast das Recht auf anwaltliche Vertretung und kannst mit den Anwält/innen das weitere Vorgehen besprechen.
U-Haft wird gegen Aktivist/innen meist zur Einschüchterung eingesetzt und um Druck auszuüben, um eine Identitätsangabe zu erreichen. Normalerweise musst du dir darüber aber keine Gedanken machen :)