Der Ablauf des Strafprozesses richtet sich nach der Strafprozessordnung:
Sie “Regelt das Prozessrecht, d. h. den formellen Weg der Urteilsfindung im Strafrecht. Die heute geltende S. beruht auf einer S. aus dem Jahr 1877 und hat aufgrund technischer Entwicklung viele Ergänzungen erfahren, da Medien, die erst erfunden bzw. verbreitet wurden (z. B. Telefon, Computer) zur Begehung von Straftaten genutzt werden. Auch wurden Regelungen geschaffen, die zur Aufklärung und Bekämpfung organisierter Kriminalität notwendig erschienen. Der Gesetzgeber ist regelmäßig bemüht, die StPO den zeitlichen Entwicklungen anzupassen, um eine effektive Strafverfolgung zu gewährleisten.” Quelle: BPB
¶ Ablauf der Gerichtsverhandlung
Eine Übersichtgrafik findet ihr hier.
- Manche Gerichte werden sehr genau kontrollieren, andere überhaupt nicht.
- Die angeklagte Person, bzw. ihre vorher beantragte & genehmigte Verteidigung, darf auf jeden Fall Zettel, Papierkrams, und Stifte mitnehmen.
- Um auf der sicheren Seite bezüglich Materialien bei der Verteidigung zu sein, ist es möglich vorher zu beantragen, dass mensch Drucker und Laptop mitnehmen darf.
- Falls wichtiger Krams hier abgenommen wird, gibt es die Möglichkeit, direkt zu Beginn des Prozesses einen Antrag auf Wiedergabe der eingezogenen Sachen zu stellen - mit Begründung, warum diese unbedingt gebraucht werden.
- Die Anzahl der Zuschauer:innen ist meist stark begrenzt und vom Saal abhängig. Es ist möglich, einen Antrag auf einen größeren Saal zu stellen.
- Dies markiert den eigentlichen Prozessbeginn.
- Aufgerufen wird laut auf dem Flur und teilweise auch vor dem Gerichtsgebäude.
- Jetzt können wir in den Gerichtssaal eintreten. Manchmal ist es allerdings auch schon vorher möglich in den Saal zu gehen, sich hinzusetzen und die Materialien zu sortieren.
- Teilweise ist Richteri schon im Saal und kommt nicht mehr rein. Das führt oft dazu, dass mensch nicht extra aufstehen muss.
- Wenn Richteri nach uns den Saal betritt, sollen alle anderen Anwesenden normalerweise aufstehen.
- Wer nicht aufstehen möchte, könnte eventuell vom Richti verwarnt werden. Bei Nichtbefolgung kann es passieren vom Saal verwiesen zu werden. Selten ist mit Ordnungsmitteln zu rechen. Außerdem erzeugt dies von Anfang an eine konfrontative Stimmung, die gewollt sein sollte, weil sie ansonsten eher hinderlich für das Verfahren ist.
- Jetzt wird gecheckt, dass alle wichtigen Personen anwesend sind: Sind alle Zeugis da? Ist die angeklagte Person da?
- Anschließend werden die Zeugis rausgeschickt, da sie nicht den vorherigen Teil des Prozesses, wie z.B. die genaue Anklage oder die Worte zu Beginn mitbekommen sollen.
- Achtung: Teilweise ist es den Zeugis (wie z.B. den Polizisti) vor der Tür möglich sich dann nochmal ihren Bericht von dem Tag durchzulesen oder sich sogar abzusprechen.
- Hier werden alle Angaben zur Person der angeklagten Person(en) abgefragt.
- Mensch muss keine Angaben, bzw. nur grobe Angaben, zu den wirtschaftlichen Verhältnissen machen. Hierbei ist abzuwägen, ob es sich nicht sogar zum Vorteil auswirken kann mit Hinblick auf Höhe der Tagessätze hier offen zu sein.
- Falls mensch nicht möchte, dass die eigene Adresse etc. öffentlich vorgelesen wird, kann vorher entweder ein Antrag gestellt werden oder einfach bestätigt werden, dass die Angaben auf der Ladung so stimmen.
- Die Staatsanwaltschaft oder die Bußgeldbehörde wird von Richteri gebeten die Anklage vorzulesen.
- Es kann vorkommen, dass bei Bußgeldverfahren sogar Richteri selbst liest, wenn die Bußgeldbehörde nicht anwesend ist.
- Nun wird die angeklagte Person gefragt, ob sie sich äußern möchte. Du hast sowohl das Recht etwas zu den Vorwürfen zu sagen als auch die Aussage zu verweigern ohne das dir das negativ ausgelegt werden darf.
- Das Gericht erwartet in diesem Moment, dass mensch sich für die begangene Straftat entschuldigt oder sogar ganz klar für schuldig erklärt.
Achtung: Sobald du hier sagst, dass du die Tat begangen hast, kann das Gericht den Prozess einfach für beendet erklären!
Also lieber sagen, dass du “erst einmal” über die Tatumstände sprechen möchtest. Dann geht das Gericht tendenziell weiter davon aus, dass du vielleicht noch etwas zu der tatsächlichen Tat sagen magst - während du diesen Zeitpunkt nutzen kannst, um über die Klimakatastrophe zu reden, die politische Untätigkeit, oder darüber, dass du den Vorgang der Nötigung eben nicht als “verwerflich” ansiehst.
- Ob und was du konkret zu der Aktion sagst, solltest du dir im Vorfeld gut überlegen. Mit dem Ziel der Repressionsvermeidung kann es sinnvoll sein unstrittige Aspekte zuzugeben, weil das im Falle einer Verurteilung strafmildernd berücksichtigt werden muss. Zum Beispiel kann es sinnvoll sein zu sagen, dass mensch dort gewesen ist und an der Aktion Aktion teilgenommen hat, wenn das durch Bilder in der Akte ohnehin leicht nachzuweisen ist. Du solltest solche Aussagen so knapp wie möglich formulieren und auf keinen Fall sagen, dass du den Sachverhalt aus dem Strafbefehl oder der Anklageschrift bestätigst. Sicherlich gibt es da einige Detailfragen, die in der Verhandlung genauer beleuchtet werden sollten.
- Neben Infos zur konkreten Aktion kannst du auch über andere Themen wie z.B. deine generelle Motivation im Bereich der Klimagerechtigkeit aktiv zu sein sprechen. Falls das Gericht der Meinung sein sollte, dass du dich inhaltlich zu weit von der zu verhandelnden Aktion entfernst oder deine Einlassung zu ausufernd ist, können sie dich aber auch unterbrechen.
- Du solltest dir im Vorfeld überlegen, ob du im Prozess ehrlich und kooperativ auftreten möchtest oder eher von deinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machst und dir erstmal nachgewiesen werden soll, dass du dich strafbar gemacht haben sollst. Es gibt dabei kein richtig oder falsch und die Entscheidung ist abhängig von deiner politischen Grundhaltung und den Umständen des Einzelfalls.
- Du solltest dir auch darüber im Klaren sein, dass deine Aussagen besonders in Prozessen gemeinsam mit anderen Menschen nicht nur Auswirkungen auf dich haben können. So könnte z.B. eine Entschuldigung für die Teilnahme an einer Aktion zwar für dich persönlich strafmildernd wirken, aber für Mitangeklagte negativ sein. Falls sich dann nämlich andere Menschen nicht entschuldigen, könnte das Gericht dies strafverschärfend auslegen. Sprecht euch also besonders in Verfahren mit mehreren Angeklagten gut zu euren Prozesszielen und euren Einlassungen ab.
Nach der Einlassung, wird die beschuldigte Person befragt. Hier wird das Gericht und die Staatsanwaltschaft versuchen den Fokus, der nach der Einlassung tendenziell auf der inhaltlichen Ebenen liegt, wieder zurück auf den Sachverhalt (also auf den Vorgang der Tat) zu bringen.
- Fragen von Richteri
- Fragen der Staatsanwaltschaft
- Fragen der (möglichen) Verteidigung
Auch hier kann die Aussage verweigert werden und es kann in bestimmten Fällen klug sein, hier auch wirklich von diesem Recht Gebrauch zu machen. Insbesondere dann, wenn du unverteidigt bist und dich nicht in der Lage siehst spontan entscheiden zu können, ob du auf eine Frage antworten solltest oder nicht. Falls du keine Fragen nach der Einlassung beantworten möchtest, bietet es sich an das direkt zum Ende der Einlassung zu sagen (z.B. “Ich werde keine weiteren Fragen beantworten.”)
Wenn die Aussage zu einzelnen Fragen verweigert wird, kann dies allerdings unter Umständen als Teileinlassung auch negativ ausgelegt werden. Wenn sie sich beschuldigte Person zur Sache äußert, wird sie selbst zu einem Beweismittel und unterliegt damit dann auch der Beweiswürdigung des Gerichts. Wenn also erst Aussagen zu einer Tat getroffen werden und dann bei einzelnen Fragen die Aussage verweigert wird, kann das Gericht dies also auch negativ auslegen. Zum Beispiel wenn es um die Leitung einer unangemeldeten Versammlung geht, Fragen zur Wahl des Aktionsortes und der Kommunikation untereinander beantwortet wurden, aber dann die Aussage darüber verweigert wird, wer die Entscheidung getroffen hat sich plötzlich gemeinsam hinzusetzen. Es gibt allerdings auch ein paar Einschränkungen zur Teileinlassung:
- Die verweigerten Aussagen müssen in engem Zusammenhang zu bereits preisgegebenen Informationen stehen. Wenn sich vorher nur zu anderen Taten oder anderen Aspekten der selben Tat geäußert wurde, liegt keine Teileinlassung vor.
- Rechtsausführungen, Äußerungen im Ermittlungsverfahren oder allgemeinen Unschuldsbekundungen sind ebenfalls keine Teileinlassung.
- Bloßer taktischer Umgang mit der Einlassung (z.B. erst zu späterem Zeitpunkt in der Hauptverhandlung) kann ebenfalls noch nicht negativ ausgelegt werden.
Die Beweisaufnahme ist der Kern der Gerichtsverhandlung. Hier muss vom Gericht festgestellt werden, was genau passiert ist und ob die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zutreffend sind. Das Gericht muss den Umfang der Beweisaufnahme dabei nach § 244 Abs. 2 StPO auf alle Aspekte erstrecken, die für die Wahrheitsfindung von Bedeutung sind. Dazu kommen verschiedene Beweismittel wie Zeugen, Fotos und Videos oder auch Presseberichte und Gutachten infrage.
Es ist auch (je nach Richteri) möglich schon vor der Zeugibefragung eigene Beweisanträge zu stellen oder zu beantragen, dass selbst geladene Zeugis zuerst gehört werden.
In der Beweisaufnahme werden zuerst die vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft geladenen Zeugis befragt, die auch in eurer Ladung aufgelistet sind. Dies erfolgt wieder in der Reihenfolge Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung bzw. angeklagte Person, ihr sei also erst am Ende an der Reihe. Es ist sinnvoll sich gut auf die Zeugenbefragung vorzubereiten, weil sie ein wesentlicher Teil der Verhandlung ist und die Gleichzeitigkeit vom Stellen der passenden Fragen und Mitschreiben der Antworten durchaus anspruchsvoll sein kann. Für die Vorbereitung einer Zeugenbefragung können folgende Punkte relevant sein:
- Wer ist das? Kennt diese Person sich vor Gericht aus? Was ist ihr Interesse vor Gericht?
- Merke: Das Gericht glaubt tendenziell immer der Polizei und Polizist*innen haben meist viel Erfahrung darin vor Gericht auszusagen.
- Was wird die Person sagen? Dies lässt sich aus der Akte herführen und planen. Bedenkt, dass ihr bestimmte Dinge vielleicht gar nicht hören wollt!
- Was will ich hören? Was ist für eure Argumentation wichtig festzustellen?
- Wie könnte ich die Glaubwürdigkeit des Zeugi anzweifeln?
- z.B. in dem ich Widersprüche herbeiführe oder auf die Gemütslage des Zeugi eingehe.
- Wie gehe ich mit Lügen um? Kein Mensch gesteht gerne ein, dass mensch gelogen hat. Hier kann es helfen Auswege zu eröffnen: Könnten Sie es vielleicht so-und-so gemeint haben? War das nicht vielleicht so-und-so?
- Vorhaltungen: Erkennen Sie auf diesem Bild das-und-das. Damals haben Sie das-und-das in Ihrem Bericht auf Seite XY der Akte geschrieben.
- Fragen erstreiten: Falls das Gericht Fragen als irrelevant abtut - kämpft darum diese trotzdem stellen zu können!
Bereitet diese Fragen gut vor. Die Zeugis sind in der Ladung aufgeführt und sollten irgendwie in der Akte eine Rolle gespielt haben. Hier habt ihr z.B. auch die Möglichkeit Polizisti ordentlich in die Zange zu nehmen :)
Weitere wichtige Infos und Tipps findet ihr hier.
Beweisanträge sind eine Möglichkeit aus eurer Sicht wichtige Aspekte mit in die Verhandlung einzuführen und so den inhaltlichen Fokus der Beweisaufnahme zu beeinflussen. Sie sind insbesondere dazu geeignet für euch entlastende Punkte anzusprechen, können aber auch eher politischer Natur sein und euch die Möglichkeit geben bestimmte Themen anzusprechen.
Ob es sinnvoll ist Beweisanträge zu stellen, kann nicht pauschal sonder nur im Einzelfall entschieden werden und hängt von euren Prozesszielen und der Beweislage über Fotos in der Akte und geladenen Zeugis ab. Falls ihr Beweisanträge stellen möchtet, ist es sinnvoll diese gut vorzubereiten, weil es relativ strenge Vorgaben zur Form gibt. Ausführliche Infos zu Beweisanträgen und viele Vorlagen findet ihr hier.
Eine Beweisaufnahme kann sehr umfangreich sein und lange dauern. Seid euch nicht zu schade zwischendurch Pausen zu beantragen, damit ihr dem Prozess weiterhin gut folgen könnt. Ihr seid in einer Ausnahmesituation und da ist es ganz normal, dass mensch sich zwischendurch auch Mal erholen muss. Falls das Gericht euch eine Pause verwehren sollte, beantragt zusätzlich einen Gerichtsbeschluss. Dann wird die Entscheidung des Gerichts im Protokoll festgehalten und sie überlegen es sich vielleicht zweimal euch die Pause nicht zu gewähren.
Achtung! Passt gut auf, dass ihr diesen Moment nicht verpasst, denn hinterher dürfen keine Beweise mehr vorgebracht werden. Falls ihr also noch Beweise einbringen wollt und diesen Ausdruck vom Gericht hört, müsst ihr sofort Intervenieren und darauf bestehen noch vor der Schließung der Beweisaufnahme eure Anträge stellen zu können.
Das Plädoyer ist eine Einordnung und rechtliche Bewertung der Feststellungen aus der Beweisaufnahme. Es spricht zuerst die Staatsanwaltschaft und anschließend die Verteidigung und beide Seiten machen deutlich, warum aus ihrer Sicht eine Verurteilung notwendig ist oder nicht. Diese Wortbeiträge werden nicht ins Protokoll aufgenommen, aber spielen für die Urteilsfindung des Gerichts eine wichtige Rolle. Wenn ihr euch selbst verteidigt, könnt ihr natürlich auch ein Plädoyer halten. Das Gericht bezeichnet es häufig nicht so, sondern erteilt euch das Letzte Wort, aber ihr könnt Plädoyer und Letztes Wort getrennt voneinander vortragen. Dazu kann es für eine optische Trennung sinnvoll sein wie die Staatsanwaltschaft für das Plädoyer aufzustehen und sich für das Letzte Wort wieder hinzusetzen.
Vorlagen zu Plädoyers findet ihr hier. An dieser Stelle nur eine kurze Übersicht zu den Inhalten eines Plädoyers:
- Hier fasst du die wesentlichen Infos nochmal aus deiner Sicht zusammen
- es empfiehlt sich hier auch darauf einzugehen, woher diese Informationen stammen also z.B. welcher Zeuge das gesagt hat oder welches Bild das gezeigt hat
- z.B. die Straße war lediglich über einen Zeitraum von 15min blockiert (Aussage Zeuge PHK Schmidt)
¶ 2. Tatbestandsmerkmale und Definitionen
- damit eine Verurteilung wegen eines Paragraphen des StGB möglich ist, müssen die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale vorliegen
- es empfiehlt sich möglichst genau zu benennen, was die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit sind und wie die Tatbestandsmerkmale selbst definiert sind
- z.B. damit Nötigung nach § 240 StGB einschlägig sein kann, ist es zunächst erforderlich, dass Gewalt vorgelegen hat. Nach Rechtsprechung des BVerfG braucht es dafür ein Mindestmaß an physischem Zwang und rein psychischer Zwang ist nicht ausreichend
- meistens gibt es mehrere Tatbestandsmerkmale, die nacheinander behandelt werden sollten
- anschließend muss geschaut werden, ob die Feststellungen der Beweisaufnahme dazu führen, dass die Tatbestandsmerkmale vorliegen → es müssen also die abstrakten Tatbestandsmerkmale auf den konkreten Fall angewendet werden
- z.B. die Autos konnten auf der Kreuzung vor der Blockade umdrehen und waren nicht durch physischen Zwang daran gehindert ihren Weg wie geplant fortzusetzen. Es lag keine Gewalt im Sinne des § 240 StGB vor
- mit Strafzumessung ist die Abwägung über die Höhe der Strafe im Falle einer Verurteilung gemeint
- selbst wenn ihr eigentlich davon ausgeht nicht verurteilt werden zu können, ist es sinnvoll etwas zur Strafzumessung zu sagen, weil es immer sein kann, dass das Gericht eine andere rechtliche Bewertung vornimmt
- hier ist es wichtig darauf einzugehen, was zu euren Gunsten zu berücksichtigen ist, damit das Gericht diese Aspekte später nicht unterschlägt
- die Grundsätze der Strafzumessung sind in § 46 StGB festgehalten, häufig sind besonders folgende Aspekte relevant: Geständnis/Einlassung (Mithilfe bei Aufklärung), legitime/ehrenwerte Motivation, keine Vorstrafen, keine Wiederholungsgefahr, langer Zeitraum zwischen Tat und Gerichtsverhandlung
- am Ende nicht vergessen einen Antrag zu stellen, also zu sagen was aus eurer Sicht bei dem Verfahren als Ergebnis herauskommen sollte
- in der Regel wird hier ein Freispruch beantragt es kann aber auch politische Gründe geben z.B. eine besonders harte Verurteilung etc. zu fordern
Die angeklagte Person darf nun ein sogenanntes letztes Wort an das Gericht richten. Hierbei darf diese im Prinzip nicht unterbrochen werden und ihr habt sowohl was den Umfang als auch den Inhalt des Plädoyers angeht sehr große Freiheiten. Es wurden schon letzte Worte über mehrere Stunden gehalten und Menschen haben aus Büchern vorgelesen oder Gedichte vorgetragen. Ihr solltet euch aber überlegen ob und wie das letzte Wort zu euren Prozesszielen beitragen kann. Natürlich ist es auch möglich gar nichts zu sagen.
Normalerweise hat das letzte Wort kaum noch Relevanz für die Urteilsfindung des Gerichts, weil es ganz am Ende stattfindet und das Gericht in der Regel sich im Rahmen der Beweisaufnahme schon ein Urteil gebildet haben wird. Aber falls mensch sich doch noch schuldig bekennen oder andere Aussagen zur Sache machen möchte, ist dies hier immer noch möglich. Es ist grundsätzlich auch möglich, dass das Gericht für das letzte Wort oder danach nochmal in die Beweisaufnahme einsteigt.
Ein paar wenige Beispiele für letzte Worte findet ihr ebenfalls hier.
Das Urteil besteht aus zwei Teilen: dem Urteilstenor und der Urteilsbegründung. Der Urteilstenor wird vom Gericht im Stehen verkündet und dabei müssen auch die angeklagte Person und das Publikum aufstehen. er beginnt mit den Worten “Im Namen des Volkes …” und legt fest, ob es eine Verurteilung gibt und wenn ja, wie hoch diese ausfällt.
Zur Urteilsbegründung wird sich wieder hingesetzt und hier spricht das Gericht dann etwas freier über die Gründe für die Entscheidung und geht im besten Fall auch auf die von der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung vorgebrachten rechtlichen Argumente ein. Diese mündliche Urteilsbegründung wird dann anschließend innerhalb von maximal fünf Wochen verschriftlicht und es kann sein, dass in der mündlichen Begründung auch persönliche Meinungen und Bewertungen des/der Richter*in vorkommen, die sich dann in der schriftlichen Urteilsbegründung nicht mehr finden.
Als angeklagte Person seid ihr nicht verpflichtet der Urteilsbegründung zuzuhören und könnt nach Verlesung des Tenors den Gerichtssaal auch verlassen. Das ist eine Möglichkeit die eigene Unzufriedenheit mit dem Ablauf des Verfahrens auszudrücken, wird aber von den Richter*innen meist nicht gerne gesehen.
- Dies kann beantragt werden oder wird vom Gericht entschieden, wenn der Prozess z.B. zu lange dauert und der nächste Prozess schon vor der Tür steht.
- Der Prozess muss innerhalb von drei Wochen wieder aufgenommen werden.
- Zum Beispiel wenn das Gericht einfach keine Lust mehr hat.
- Dies bedeutet, dass der Prozess irgendwann wieder komplett von Neu beginnen muss. Eventuell landet davor aber einfach eine Verfahrenseinstellung bei dir im Briefkasten.
- Dies kann eigentlich zu jedem Zeitpunkt passieren.
- Mögliche Gründe sind:
- Mangel an Beweisen: Die vorgeworfene Tat liegt nicht vor und der Prozess war/wäre vollkommener Unsinn von Beginn an . §175, Absatz 2. Hier kann ich nicht gegen widersprechen.
- Geringfügigkeit: Diesem Grund muss die Verteidigung, bzw. die angeklagte Person, zustimmen.
- Auflage wegen Geringfügigkeit: Diesem Grund muss auch zugestimmt werden. Es handelt sich hierbei dann um eine Umwandlung in z.B. Sozialstunden.
- Vorläufige Einstellung:
- entweder 1) Einstellung, weil in einem der anderen gegen die angeklagte Person laufenden Verfahren eine höhere Strafe erwartet wird. Theoretisch kann das eingestellte Verfahren wieder aufgenommen werden, wenn die anderen (darübergestellten) Verfahren eingestellt werden. Praktisch ist dies aber unwahrscheinlich.
- oder 2) Gesamtstrafe: Wenn die angeklagte Person ein noch nicht abgeschlossenes Verfahren am Laufen hat und gleichzeitig noch ein anderes dazu kommt, kann das erste Verfahren auf Eis gelegt werden, um die Strafe letztlich zusammenzunehmen.
Direkt aus dem Gericht geht es traditionell gemeinsam zum nächsten Falafel-Laden.
Wenn du mit dem Urteil nicht einverstanden bist, kannst du innerhalb von einer Woche schriftlich Rechtsmittel einlegen.
Für genauere Infos schau mal hier.