Der Ablauf des Strafprozesses richtet sich nach der Strafprozessordnung:
Sie “Regelt das Prozessrecht, d. h. den formellen Weg der Urteilsfindung im Strafrecht. Die heute geltende S. beruht auf einer S. aus dem Jahr 1877 und hat aufgrund technischer Entwicklung viele Ergänzungen erfahren, da Medien, die erst erfunden bzw. verbreitet wurden (z. B. Telefon, Computer) zur Begehung von Straftaten genutzt werden. Auch wurden Regelungen geschaffen, die zur Aufklärung und Bekämpfung organisierter Kriminalität notwendig erschienen. Der Gesetzgeber ist regelmäßig bemüht, die StPO den zeitlichen Entwicklungen anzupassen, um eine effektive Strafverfolgung zu gewährleisten.” (Quelle: https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/recht-a-z/324106/strafprozessordnung-stpo/)
¶ Ablauf der Gerichtsverhandlung
Eine Übersichtgrafik findet ihr hier.
- Manche Gerichte werden sehr genau kontrollieren, andere überhaupt nicht.
- Die angeklagte Person, bzw. ihre vorher beantragte & genehmigte Verteidigung, darf auf jeden Fall Zettel, Papierkrams, und Stifte mitnehmen.
- Um auf der sicheren Seite bezüglich Materialien bei der Verteidigung zu sein, ist es möglich vorher zu beantragen, dass mensch Drucker und Laptop mitnehmen darf.
- Falls wichtiger Krams hier abgenommen wird, gibt es die Möglichkeit, direkt zu Beginn des Prozesses einen Antrag auf Wiedergabe der eingezogenen Sachen zu stellen - mit Begründung, warum diese unbedingt gebraucht werden.
- Die Anzahl der Zuschauer:innen ist meist stark begrenzt und vom Saal abhängig. Es ist möglich, einen Antrag auf einen größeren Saal zu stellen.
- Dies markiert den eigentlichen Prozessbeginn.
- Aufgerufen wird laut auf dem Flur und teilweise auch vor dem Gerichtsgebäude.
- Jetzt können wir in den Gerichtssaal eintreten.
- Teilweise ist Richteri schon im Saal und kommt nicht mehr rein. Das führt oft dazu, dass mensch nicht extra aufstehen muss.
- Wenn Richteri nach uns den Saal betritt, sollen alle anderen Anwesenden normalerweise aufstehen.
- Wer nicht aufstehen möchte, könnte eventuell vom Richti verwarnt werden. Bei Nichtbefolgung kann es passieren vom Saal verwiesen zu werden. Selten ist mit Ordnungsmitteln zu rechen.
- Jetzt wird gecheckt, dass alle wichtigen Personen anwesend sind: Sind alle Zeugis da? Ist die angeklagte Person da?
- Anschließend werden die Zeugis rausgeschickt, da sie nicht den vorherigen Teil des Prozesses, wie z.B. die genaue Anklage oder die Worte zu Beginn mitbekommen sollen.
- Achtung: Teilweise ist es den Zeugis (wie z.B. den Polizisti) vor der Tür möglich sich dann nochmal ihren Bericht von dem Tag durchzulesen oder sich sogar abzusprechen.
- Hier werden alle Angaben zur Person der angeklagten Person(en) abgefragt.
- Mensch muss keine Angaben, bzw. nur grobe Angaben, zu den wirtschaftlichen Verhältnissen machen. Hierbei ist abzuwägen, ob es sich nicht sogar zum Vorteil auswirken kann mit Hinblick auf Höhe der Tagessätze hier offen zu sein.
- Falls mensch nicht möchte, dass die eigene Adresse etc. öffentlich vorgelesen wird, kann vorher entweder ein Antrag gestellt werden oder einfach bestätigt werden, dass die Angaben auf der Ladung so stimmen.
- Die Staatsanwaltschaft oder die Bußgeldbehörde wird von Richteri gebeten die Anklage vorzulesen.
- Es kann vorkommen, dass bei Bußgeldverfahren sogar Richteri selbst liest, wenn die Bußgeldbehörde nicht anwesend ist.
- Nun wird die angeklagte Person gefragt, ob sie sich äußern möchte.
- Das Gericht erwartet in diesem Moment, dass mensch sich für die begangene Straftat entschuldigt oder sogar ganz klar für schuldig erklärt.
Achtung: Sobald du hier sagst, dass du die Tat begangen hast, kann das Gericht den Prozess einfach für beendet erklären!
Also lieber sagen, dass du “erst einmal” über die Tatumstände sprechen möchtest. Dann geht das Gericht tendenziell weiter davon aus, dass du vielleicht noch etwas zu der tatsächlichen Tat sagen magst - während du diesen Zeitpunkt nutzen kannst, um über die Klimakatastrophe zu reden, die politische Untätigkeit, oder darüber, dass du den Vorgang der Nötigung eben nicht als “verwerflich” ansiehst.
- Also sollte die angeklagte Person hier eher nichts zur Sache sagen, da dies eventuell als Geständnis gelesen werden kann. Entschuldigungen könnten z.B. auch Auswirkungen auf andere Verfahren haben falls diese zum Standard werden. Falls sich dann nämlich andere Menschen nicht entschuldigen, könnte das Gericht dies negativ auslegen.
Nach der Einlassung, wird die beschuldigte Person befragt. Hier wird das Gericht und die Staatsanwaltschaft versuchen den Fokus, der nach der Einlassung tendenziell auf der inhaltlichen Ebenen liegt, wieder zurück auf den Sachverhalt (also auf den Vorgang der Tat) zu bringen.
- Fragen von Richteri
- Fragen der Staatsanwaltschaft
- Fragen der (möglichen) Verteidigung
Auch hier kann die Aussage verweigert werden und es kann in bestimmten Fällen klug sein, hier auch wirklich von diesem Recht Gebrauch zu machen.
Es ist auch (je nach Richteri) möglich schon vor der Zeugibefragung eigene Beweisanträge zu stellen oder zu beantragen, dass selbst geladene Zeugis zuerst gehört werden.
- Jetzt werden zuerst die vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft geladenen Zeugis befragt.
- Nachdem die Staatsanwaltschaft und das Gericht Fragen gestellt haben, dürfen wir auch Fragen stellen.
- Fragt euch folgende Dinge bei der Vorbereitung:
- Wer ist das? Kennt diese Person sich vor Gericht aus? Was ist ihr Interesse vor Gericht?
- Merke: Das Gericht glaubt tendenziell immer der Polizei.
- Was wird die Person sagen? Dies lässt sich aus der Akte herführen und planen. Bedenkt, dass ihr bestimmte Dinge vielleicht gar nicht hören wollt!
- Was will ich hören?
- Wie könnte ich die Glaubwürdigkeit des Zeugi anzweifeln?
- z.B. in dem ich Widersprüche herbeiführe oder auf die Gemütslage des Zeugi eingehe.
- Wie gehe ich mit Lügen um? Kein Mensch gesteht gerne ein, dass mensch gelogen hat. Hier kann es helfen Auswege zu eröffnen: Könnten Sie es vielleicht so-und-so gemeint haben? War das nicht vielleicht so-und-so?
- Vorhaltungen: Erkennen Sie auf diesem Bild das-und-das. Damals haben Sie das-und-das geschrieben.
- Fragen erstreiten: Falls das Gericht Fragen als irrelevant abtut - kämpft drum diese trotzdem stellen zu können!
Bereitet diese Fragen gut vor. Die Zeugis sind in der Ladung aufgeführt und sollten irgendwie in der Akte eine Rolle gespielt haben. Hier habt ihr z.B. auch die Möglichkeit Polizisti ordentlich in die Zange zu nehmen :)
Weitere Tipps & Tricks findet ihr hier
- Oft werden hier auch Videoaufnahmen oder Fotos in Augenschein genommen, sowie Seiten der Akte angeschaut, oder das Einsatztagebuch der Polizei vorgelesen.
- Nach den Punkten und Zeugis, die von Gericht und Staatsanwaltschaft vorgebracht werden, sind wir an der Reihe. Es kann sein, dass das Gericht einfach ohne unseren Beitrag die Beweisaufnahme schließen will - hier aufpassen und unterbrechen!
- Beweisanträge sollten vorher schon vorbereitet worden sein.
- Vorlagen zu Beweisanträgen
Achtung! Passt gut auf, dass ihr diesen Moment nicht verpasst, denn hinterher dürfen keine Beweise mehr vorgebracht werden.
- Zuerst darf die Staatsanwaltschaft sprechen und anschließend die Verteidigung.
- Diese Wortbeiträge werden nicht ins Protokoll aufgenommen.
- Die angeklagte Person darf nun ein sogenanntes letztes Wort an das Gericht richten. Hierbei darf diese im Prinzip nicht unterbrochen werden.
- Falls mensch sich schuldig bekennen möchte, ist dies hier immer noch möglich.
- “Im Namen des Volkes…”
- Normalerweise müssen alle Menschen noch einmal ‘für’ das Gericht aufstehen.
- Dies kann beantragt werden oder wird vom Gericht entschieden, wenn der Prozess z.B. zu lange dauert und der nächste Prozess schon vor der Tür steht.
- Der Prozess muss innerhalb von drei Wochen wieder aufgenommen werden.
- Zum Beispiel wenn das Gericht einfach keine Lust mehr hat.
- Dies bedeutet, dass der Prozess irgendwann wieder komplett von Neu beginnen muss. Eventuell landet davor aber einfach eine Verfahrenseinstellung bei dir im Briefkasten.
- Dies kann eigentlich zu jedem Zeitpunkt passieren.
- Mögliche Gründe sind:
- Mangel an Beweisen: Die vorgeworfene Tat liegt nicht vor und der Prozess war/wäre vollkommener Unsinn von Beginn an . §175, Absatz 2. Hier kann ich nicht gegen widersprechen.
- Geringfügigkeit: Diesem Grund muss die Verteidigung, bzw. die angeklagte Person, zustimmen.
- Auflage wegen Geringfügigkeit: Diesem Grund muss auch zugestimmt werden. Es handelt sich hierbei dann um eine Umwandlung in z.B. Sozialstunden.
- Vorläufige Einstellung:
- entweder 1) Einstellung, weil in einem der anderen gegen die angeklagte Person laufenden Verfahren eine höhere Strafe erwartet wird. Theoretisch kann das eingestellte Verfahren wieder aufgenommen werden, wenn die anderen (darübergestellten) Verfahren eingestellt werden. Praktisch ist dies aber unwahrscheinlich.
- oder 2) Gesamtstrafe: Wenn die angeklagte Person ein noch nicht abgeschlossenes Verfahren am Laufen hat und gleichzeitig noch ein anderes dazu kommt, kann das erste Verfahren auf Eis gelegt werden, um die Strafe letztlich zusammenzunehmen.
Direkt aus dem Gericht geht es traditionell gemeinsam zum nächsten Falafel-Laden.
Wenn du mit dem Urteil nicht einverstanden bist, kannst du innerhalb von einer Woche schriftlich Rechtsmittel einlegen.
Für genauere Infos schau mal hier.